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29. November 2024

Musikalische Höhenflüge

Die jährlichen Top-of-the-Mountain-Konzerte in Ischgl bringen Topstars wie Rihanna, Tina Turner oder Jason Derulo auf die Bühne in 2.300 Meter Höhe und locken auch nach der Wintersaison Gäste in die heimischen Berge. 

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Durch die Vielzahl von Topstars, die bereits auf der Idalp-Bühne aufgetreten sind, wird Ischgl auch in der internationalen Musikszene immer bekannter.
© TVB Paznaun Ischgl/Flo Mitteregger

Als Elton John 1995 das allererste Top of the Mountain Closing Concert auf der Idalp in Ischgl gab, ahnte wohl niemand, wie erfolgreich die Eventreihe einmal werden und welche internationalen Stars das beschauliche Paznauner Dorf künftig anziehen würde.

„Der Mastermind hinter dieser Idee war Günther Aloys. Mit seiner Weitsicht erkannte er das Potenzial, Konzerte auf der Idalp zu veranstalten“, erklärt Thomas Köhle, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun – Ischgl. Zu Beginn stand dabei die mediale Aufmerksamkeit im Vordergrund. Die Musikveranstaltungen waren sporadisch und eher klein angelegt, oft mit Bierbänken und einem Fokus auf Publicity.

Boom in der Nachsaison

Mittlerweile hat sich die Situation deutlich verändert. Die mediale Präsenz ist zwar nach wie vor wichtig, heute fungieren die Events aber in erster Linie als geschickter Anziehungspunkt, um die Massen auch noch im April in die Berge zu locken. Denn während die meisten Tiroler Beherbergungsbetriebe zu dieser Jahreszeit bereits die Türen geschlossen haben, kann der Silvretta-Ort auch in der Nachsaison noch mit vollen Betten rechnen. Selbst die Unterkünfte in den nahe gelegenen Dörfern wie See, Kappl und Galtür empfangen weiterhin Gäste, obwohl die Bergbahnen dort bereits geschlossen sind. Davon profitiert die gesamte Region, von der Hotellerie über Handel und Gastronomie bis hin zu Taxiunternehmen – die Saison wird spürbar verlängert und den Gästen ein attraktives Angebot präsentiert. 

Gipfeltreffen der Stars

Umgesetzt wird die Eventreihe vom Tourismusverband Paznaun – Ischgl in Zusammenarbeit mit der Silvrettaseilbahn AG. Gemeinsam organisieren sie im November ein Eröffnungskonzert im Tal und im April drei weitere auf der Idalp. Sowohl das Opening- als auch das Closing-Konzert sind dabei mit internationalen Stars wie den Kings of Leon, Ellie Goulding oder den Black Eyed Peas besetzt. Bei den beiden anderen Events treten Künstler:innen aus dem deutschsprachigen Raum auf, darunter Nina Chuba, Sido und Andrea Berg. Die externen Kosten für Gagen, Bühnentechnik, Pressearbeit, Unterbringung, Transfers etc. belaufen sich auf etwa 3 bis 3,5 Millionen Euro.

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Die Konzerte im April beleben die Nachsaison und sorgen für volle Betten im Silvretta-Ort.

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Viele Künstler:innen wurden nach den Konzerten nicht nur in diversen Nachtclubs gesichtet, sondern haben dort auch noch in die Saiten gegriffen, wie etwa die Black Eyed Peas.

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Bei der Open-Air-Bühne spielt natürlich das Wetter eine zentrale Rolle. In den vergangenen 30 Jahren musste jedoch nur das Konzert von Nina Chuba wegen zu starkem Wind um einen Tag verschoben werden.

© TVB Paznaun - Ischgl, Flo Mitteregger

Die Anziehungskraft der Berge

Die Investitionen tragen offensichtlich Früchte: Die Nachsaison wird nicht nur belebt, sondern auch das Image und der Bekanntheitsgrad Ischgls reichen nicht zuletzt dank der Konzertreihe und der internationalen Besetzung weit über die Grenzen Tirols hinaus. „Durch die Vielzahl von Topstars, die wir hier bereits begrüßen durften, gewinnen wir zunehmend Gehör in der internationalen Musikszene – unser guter Ruf eilt uns praktisch voraus“, freut sich Köhle. Gerade bei der Suche nach neuen Acts sei das von großer Bedeutung. Zusätzlich übe das besondere Erlebnis, auf dieser Höhenlage aufzutreten, einen einzigartigen Reiz auf viele Künstler:innen aus. „Oft sind genau diese Aspekte ausschlaggebend für ihre Zusage – weniger die Gage, da sie in ausverkauften Stadien deutlich höhere Einnahmen erzielen.“

Unvergessliche Erlebnisse

Die Faszination der heimischen Bergkulisse überwältige dabei viele. „Als ich mit Sido in der Gondel auf die Idalp hinauffuhr, war das Wort, das er am häufigsten sagte, ‚krass‘ – und auch oben angekommen, konnte er sein Staunen kaum verbergen“, erinnert sich der Tourismuschef. Aber auch internationale Stars fasziniert das kleine Bergdorf: „Jean Paul war so begeistert von der Landschaft und den Menschen, dass er gesagt hat, er komme auf jeden Fall wieder.“ 

Allerdings kann die Höhe für viele Musiker:innen auch herausfordernd sein. „Für uns Tiroler:innen ist es Alltag, auf ein paar tausend Metern unterwegs zu sein, aber die Künstler:innen – vor allem internationale Stars – sind das oft nicht gewohnt. Die dünne Luft macht einen Auftritt hier oben nicht gerade leicht“, erzählt Köhle. So hatte etwa George Ezra bei seiner Performance 2023 mit der Atmung zu kämpfen und musste immer wieder ein paar zusätzliche Atemzüge nehmen. 

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„Wer glaubt, man könne sich zurücklehnen, ist definitiv im falschen Tal.“ 

Thomas Köhle, Geschäftsführer TVB Paznaun – Ischgl
© privat

Hinter den Kulissen 

Die Organisation der Konzerte ist ein ganzjähriger Prozess, der mit der Suche nach passenden Künstler:innen beginnt. Dabei wird das Team in Ischgl von einem Agenten in London unterstützt, der passende Musiker:innen vorschlägt. Kommt es zu einer Zusammenarbeit, erhält der Veranstalter einen Regelkatalog, den sogenannten Rider. Dieser enthält alle Vorgaben für den Aufenthalt des Performers, einschließlich spezieller Vorlieben wie die bevorzugte Champagnermarke. 

Um diese Details kümmert sich das fünfköpfige Organisationsteam, das das ganze Jahr über auf die vier Megaevents hinarbeitet. „Die Künstler:innen sind meist äußerst freundlich sowie bodenständig und schätzen unsere Professionalität“, betont der TVB-Geschäftsführer. Diese wurde in den Jahren kontinuierlich verbessert, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. So werden die Musiker:innen bereits am Flughafen empfangen und haben stets eine:n für sie verantwortliche:n, persönliche:n Begleiter:in aus dem Eventteam an der Seite.

Logistische Leistung 

Zudem sorgen die Eventmanager:innen für die gesamte Technik und den Bühnenaufbau, was mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. „Die Künstler:innen bringen normalerweise keine eigenen Musikinstrumente oder -geräte mit. In den Ridern ist genau festgelegt, welche sie benötigen. Das alles muss organisiert und auf den Berg transportiert werden“, beschreibt Köhle. Und das kostet: Im vergangenen Jahr beliefen sich die Ausgaben für die Bühne allein für die drei Konzerte im April auf 650.000 Euro. 

Dabei wird jährlich überlegt, wie die Abläufe weiter optimiert werden können. „Mit den Ansprüchen der Gäste wachsen auch unsere. Wer glaubt, man könne sich zurücklehnen, ist definitiv im falschen Tal“, betont Köhle.

In Zahlen

1995 fand das erste Konzert auf der Idalp statt.

3 bis 3,5 Millionen Euro externe Kosten fallen für die Konzertreihe an,

650.000 Euro allein für die Idalp-Bühne.

Maximal
20.000 Zuschauer:innen sind bei den Konzerten auf der Idalp erlaubt, die meisten hatte bislang Helene Fischer.

Text: Anna Füreder

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