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29. November 2024

Kultur bewahren, Kultur schaffen

Tirols Asset Nummer eins ist die Natur, das steht außer Frage. Doch viele Gäste wollen nicht nur auf den Berg: Elisabeth Gürtler, Inhaberin des Alpin Resort Sacher in Seefeld, erzählt im Interview, warum insbesondere kulturelle Veranstaltungen wichtig für die Region sind.

Kultur bewahren,  Kultur schaffen

© David Johansson

Frau Gürtler, Sie führten beziehungsweise führen Hotels in Wien, Salzburg und Seefeld. Wie beeinflusst das kulturelle Angebot einer Region den Hotelbetrieb? Elisabeth Gürtler: Im Wiener Tourismus ist Kultur natürlich nicht wegzudenken. Gerade im Fünf-Sterne-Bereich kommen die Gäste wegen der Museen, Theater und der Oper. Aber auch außerhalb von Wien ist Kultur, neben Natur, Sport und Shopping, eine der wichtigsten Attraktionen für den Tourismus. 

Wie ist das in Tirol? Ich glaube, insbesondere Innsbruck, aber auch kleinere Destinationen wie Erl, Telfs oder der Achensee haben bereits ein gutes Kulturangebot, wegen dem die Menschen auch kommen. Bei Innsbruck denke ich da an das Landestheater, das Haus der Musik, die Museen, aber auch an kulturelle Veranstaltungen wie die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik oder an das Klassik Unique am Achensee. 

Ist so ein Angebot auch für Gäste interessant, die in erster Linie wegen des Sports anreisen? Diejenigen, die Kultur schätzen, sind eine ganz besondere Gruppe von Menschen, aber ich denke, Sport und Kultur sind keine sich ausschließenden Gegensätze. Denn Gäste wollen, zum Beispiel wenn das Wetter schlecht ist, auch etwas anderes erleben. Und darum braucht es auch hier ein entsprechendes Programm.

„Gäste wollen, zum Beispiel wenn das Wetter schlecht ist, auch etwasanderes erleben.“

Elisabeth Gürtler

Wie sollte so ein Programm aussehen? Wichtig ist, dass man keine Kultur importiert. Wir brauchen hier nicht die Wiener Staatsoper, schließlich ist Tirol selbst ein Kulturland mit seinem eigenen Standing. Außerdem ist Kultur ja nicht nur Hochkultur, sondern alle menschlichen Aktionen wie das Essen, die Architektur, die Kleidung, die Musik – das alles ist unsere Volkskultur. Und genau das wollen die Gäste hier erleben. 

Welchen Mehrwert haben kulturelle Veranstaltungen Ihrer Erfahrung nach dann auch für die Region? Zum einen gehen natürlich die Nächtigungszahlen nach oben, aber auch andere Branchen wie der Handel und die Gastronomie profitieren von solchen Events. Die Menschen wollen sich bei einem guten Essen über das Erlebte austauschen oder gehen vorher noch einmal im Ort durch die Geschäfte. 

Sie selbst haben jahrelang den Wiener Opernball und die Fête Impériale der Spanischen Hofreitschule organisiert. Welcher Druck lastet auf einem, wenn man Veranstaltungen in dieser Größenordnung ausrichtet? Entspannt ist man nicht. Es muss alles zu hundert Prozent klappen, schließlich hat das Publikum auch eine gewisse Erwartungshaltung. Aber wenn man das dann ein paar Mal gemacht hat, weiß man, wie so ein Event auch mit kleinen „Hoppalas“ ein Erfolg wird.

Man kann Wien oder Salzburg sicher nicht mit Tirol vergleichen, aber wenn Sie an diese Zeit zurückdenken, was könnte man in Tirol vielleicht adaptieren? Ich glaube, dass große Kulturveranstaltungen wie die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik durch ein zusätzliches Gesellschaftsprogramm noch attraktiver werden würden.

Zur Person: 

Elisabeth Gürtler   

führte von 1990 bis 2014 die Sacher Hotels in Wien und in Salzburg und ist nach wie vor Inhaberin des Alpin Sacher Resort in Seefeld, das schon ihrem Vater gehörte. Zudem organisierte sie viele Jahre den Wiener Opernball und die Fête Impériale der Spanischen Hofreitschule, deren Leitung sie ebenfalls innehatte.  

Können Sie das ausführen? Na ja, ich bezweifle, dass alle Gäste der Salzburger Festspiele vom Fach sind. Sie kommen einfach, weil sie die Kunst, aber auch das Drumherum genießen wollen: Dass man sich entsprechend anzieht, dass man elegant essen geht, dass es Matineen gibt – das alles sind Faktoren, warum die Festspiele so erfolgreich sind. Und dieser gesellschaftliche Rahmen fehlt mir hier noch.

Wie ließe sich das umsetzen? In erster Linie muss natürlich die Politik mitspielen. Aber es müsste auch Gastgeber:innen geben, die das mit Leben erfüllen, und es braucht Menschen aus der Gesellschaft, die das Ganze mittragen. Dann ist es so wie bei einem Schneeballsystem: Die Berichterstattung ändert sich, das Publikum wird internationaler und die Besucherzahlen steigen. Man muss eines wissen: Die Kunst ist zwar der Anlass, warum die Menschen sagen zu kommen, denn sie lieben es, sich den kulturellen Anstrich zu geben. Aber verbunden mit gesellschaftlichem Leben, ist Kultur der große Erfolg. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Text: Wiebke Hammling

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