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29. November 2024

Gambrinus, Bock und Tradition 

Das Gauder Fest kann auf eine fast 600-jährige Geschichte zurückblicken. Trotz vieler Veränderungen im Laufe der Zeit sind es gerade die alten Traditionen, die es heute zu einem Erfolgskonzept für die Region machen.

Gauderfest

© Zillertal BieR

Im 15. Jahrhundert war das Zillertal noch dünn besiedelt. Zell am Ziller, der Austragungsort des Gauder Fests, war damals nur eine kleine klösterliche Siedlung mit wenigen Häusern. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten schriftlichen Hinweise auf das Fest. „Im Jahr 1428 haben venezianische Kaufleute erstmals über einen Frühjahrsmarkt in Zell am Ziller berichtet“, weiß Martin Lechner, Geschäftsführer von Zillertal Bier. „Auf diesem Markt traf man sich, um Absprachen für die bevorstehende Almsaison zu treffen.“ Auch Viehhandel sei hier betrieben worden. Im Laufe der Jahrhunderte kam dann ein Unterhaltungsteil mit Speis und Trank hinzu.  

Familientradition

Der Name des Fests geht auf den ursprünglichen Veranstaltungsort, den Gauderhof, zurück, der seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Lechner ist. Zum Hof gehörte auch die Brauerei im Polsingerhaus, dem heutigen Hotel Bräu der Familie. Diese stellte damals ein eigenes Bier für den Frühlingsmarkt her und wurde so im Laufe der Zeit zum offiziellen Veranstalter. Noch heute wird beim Gauder Fest der traditionelle Gauder Bock von Zillertal Bier ausgeschenkt. „Das ist ein acht Monate gereiftes Bockbier, das durch diese extrem lange und kalte Gär- und Lagerzeit sehr süffig wird. Mit 7,8 Prozent Alkohol ist der Gauder Bock das stärkste Festbier Österreichs“, erklärt der Brauereichef. 

Früher stand aber sicher nicht die Brauerei im Mittelpunkt, sondern die Landwirtschaft, wo das produziert wurde, wovon man leben konnte“, betont Lechner den bäuerlichen Ursprung des Festes. Das zeige sich auch in der bis Ende der 1990er-Jahre gepflegten Tradition der Tierkämpfe wie dem Kuhstechen oder den Hahnen- und Widderkämpfen, um das kräftigste und damit teuerste Tier zu bestimmen. Auch der stärkste Knecht wurde während des Festes beim Ranggeln, einer uralten Ringkampfsportart, ermittelt. Diese Tradition hat sich bis heute erhalten.

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Beim Gauder-Fest-Umzug präsentieren sich Trachten- und Brauchtumsgruppen aus dem gesamten Alpenraum.

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Das traditionelle Ranggeln ist eine der ältesten Traditionen des Gauder Festes. Im Bild eine Aufnahme aus dem Jahr 1954.

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Im Festzelt wird getrunken, getanzt und genetzwerkt.

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In seiner Rede am ersten Festtag nimmt der Gambrinus die Politiker:innen auf die Schaufel.

©Zillertal Bier

„Für viele Betriebe im Zillertal markiert es zudem den Start in die Sommersaison.“

„Für viele Betriebe im Zillertal markiert es zudem den Start in die Sommersaison.“

Neuer Wind

Trotz seiner tiefen Verwurzelung erlebte das Gauder Fest gegen Ende des 20. Jahrhunderts eine Phase, in der die Traditionen zunehmend verwässert wurden. „Das war ein reines Besäufnis, wo wir selbst nicht mehr gerne hingegangen sind. Jedes Mal hat uns der Schlag getroffen, wie sich das entwickelt hat, und da wollten wir nicht mehr länger zuschauen“, erinnert sich Lechner. Gemeinsam mit seiner Frau und in Kooperation mit dem damaligen Bürgermeister Walter Amor und dem damaligen TVB-Chef Walter Strasser setzten sie sich dafür ein, das Gauder Fest wieder auf eine authentische Basis zu stellen. „Wir haben uns dann auch bayerische Volksfeste angeschaut, zum Beispiel den Leonhardiritt in Bad Tölz – eine sehr ehrwürdige Veranstaltung“, beschreibt Lechner.

So entstand nach und nach eine neue Vision des Gauder Fests, bei der die Tiroler Tracht und das lokale Brauchtum wieder stärker in den Vordergrund rückten. Die Neuausrichtung der Veranstaltung sei aber nur durch eine starke Zusammenarbeit möglich gewesen, betont Lechner: „Das schafft nicht einer alleine, sondern weil viele mitspielen und es eine große Gemeinschaft von Vereinen im Ort gibt, die beispielsweise den Ausschank machen. Für uns alleine oder die Marktgemeinde oder den TVB wäre es nicht möglich, das Fest in dieser Dimension zu organisieren.“

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Zur Person: 

Martin Lechner  
ist der Geschäftsführer von Zillertal Bier. Seit mehr als fünf Jahrhunderten ist die Brauerei untrennbar mit dem Gauder Fest verbunden.

Neustart

Pünktlich zum 500-jährigen Jubiläum der Brauerei im Jahr 2000 stand das neue Konzept. „Besondere Highlights sind seitdem der Gauder-Fest-Umzug, eine große Tierausstellung, die Feldmesse am Sonntag und natürlich die Gambrinus-Rede zum Auftakt des Wochenendes“, erklärt Lechner. Die Rede wurde erst 2003 eingeführt, habe sich seitdem aber schon zu einer beliebten Tradition entwickelt. Ein Kabarettist oder Schauspieler nimmt dabei die politischen Ereignisse des vergangenen Jahres humorvoll aufs Korn. „Inzwischen sind wir so bekannt, dass sogar schon der Bundeskanzler zu uns gekommen ist, um sich seine ‚Watschen‘ abzuholen. Das ist eine besondere Anerkennung für uns“, sagt Lechner. Außerdem biete das Fest einen einzigartigen Ort zum Netzwerken: „Wo sonst in Tirol wird einmal im Jahr ein Ort so niederschwellig von hochrangigen Persönlichkeiten besucht?“, so der Brauereichef. 

Start in die Sommersaison

Mit dem neuen Konzept hat sich das Gauder Fest auch zu einem wichtigen touristischen Ereignis für das Zillertal entwickelt. Mit rund 30.000 Besucher:innen über das gesamte Wochenende ist das Fest zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor für die Region geworden. Gäste aus Südtirol, Bayern, der Schweiz und Liechtenstein reisen eigens für das Event ins Tal. „Für viele Betriebe im Zillertal markiert es zudem den Start in die Sommersaison“, sagt Lechner. Ende der 1990er sei das bei Weitem nicht der Fall gewesen, das Interesse an der Veranstaltung sei über die Jahre stark gewachsen. 

Auch die Medienpräsenz sei nicht zu unterschätzen: „Der Werbewert beläuft sich auf rund eine Million“, betont er. Diese große Reichweite biete eine wertvolle Plattform, um nicht nur das Gauder Fest, sondern die gesamte Region und ihre Urlaubsorte einem breiten Publikum bekannt zu machen.

Touristischer Nutzen des Gauder Fests

  • 30.000 Besucher:innen
  • 6.000 Übernachtungen  
  • 1 Million Euro Werbewert
  • Medienpräsenz für das Tal 
  • Gäste aus Österreich, der Schweiz, Bayern, Südtirol
    und
    Liechtenstein
Text: Barbara Kluibenschädl

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