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10. April 2025

Digitale Barrierefreiheit ab Juni

Digitale Barrierefreiheit ab Juni

Ab dem 28. Juni müssen bestimmte digitale Produkte in der Tourismusbranche barrierefrei zugänglich sein.
© Shutterstock / Target Group 

Am 28. Juni tritt in Österreich das neue Barrierefreiheitsgesetz in Kraft. Es setzt den „European Accessibility Act“ um und verpflichtet Unternehmen – auch im Tourismus – dazu, bestimmte digitale Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Dazu zählen unter anderem Websites, Webshops und Online-Buchungssysteme.

Unternehmen, die nicht rechtzeitig auf barrierefreie digitale Angebote umstellen, gehen nicht nur einer gesellschaftlichen Verpflichtung aus dem Weg – im Ernstfall drohen auch Bußgelder von bis zu 80.000 Euro. Was das neue Gesetz konkret für Tourismusbetriebe bedeutet und wer davon betroffen ist, haben wir mit Rafael Pauley, Digitalisierungs- und E-Commerce-Berater der Wirtschaftskammer Tirol, und Klaus Höckner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, besprochen.

Wer ist betroffen? 

„Es handelt sich um ein Verbraucherschutzgesetz – das heißt, es greift nur, wenn über eine digitale Plattform tatsächlich ein Vertrag abgeschlossen werden kann“, erklärt Pauley. Für die Tourismusbranche heißt das konkret: Unternehmen, die Buchungen direkt über die eigene Website ermöglichen, fallen unter die neue Regelung. Wer hingegen nur eine reine Informationsseite betreibt und für Buchungen auf externe Plattformen verweist, ist von dem Gesetz nicht betroffen.

Darüber hinaus sieht das Gesetz Ausnahmen für bestimmte Unternehmensgruppen vor: „Alle Betriebe mit weniger als zwei Millionen Euro Jahresumsatz oder Bilanzsumme und weniger als zehn Mitarbeiter:innen sind vom Gesetz nicht betroffen“, so Pauley. Eine weitere mögliche Ausnahme betrifft Fälle, in denen die barrierefreie Umsetzung eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde – was das bedeutet, sei allerdings noch nicht klar definiert.

Wie muss verändert werden?

Wer von dem neuen Gesetz betroffen ist, muss einige grundlegende Anpassungen an seiner Website vornehmen. „Wichtig ist zum Beispiel ein ausreichender Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe, damit die Inhalte gut lesbar sind“, erklärt Pauley. „Bilder müssen mit alternativen Textbeschreibungen versehen werden, die von Screenreadern vorgelesen werden können. Außerdem sollten Bilder auch tatsächlich als Bilder und Texte als Texte eingebunden werden – in der Vergangenheit wurden Inhalte aus gestalterischen Gründen oft als reine Grafiken dargestellt.“

Darüber hinaus muss eine barrierefreie Website auf verschiedene Arten bedienbar sein – etwa über die Tastatur. „Außerdem kann und sollte im Impressum eine Erklärung zur Barrierefreiheit stehen“, ergänzt Pauley. Diese Empfehlungen basieren auf den international anerkannten WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines), bleiben aber Empfehlungen und sind keine Vorschriften, wie auch Höckner kritisiert: „Was bisher fehlt, sind die Umsetzung in die Praxis und konkrete Fördermaßnahmen“.

Aber auch Unternehmen, die nicht gesetzlich verpflichtet sind, sollten sich an den Grundprinzipien der Barrierefreiheit orientieren: „Digitale Barrierefreiheit wird sich in den nächsten Monaten und Jahren auch auf das Google-Ranking und die Auffindbarkeit in Suchmaschinen auswirken“, so der Pauley. Zudem werde häufig unterschätzt, dass von barrierefreien Websites nicht nur Menschen mit Behinderungen profitieren. „Angesichts einer alternden Bevölkerung steigt der Bedarf an gut zugänglichen digitalen Angeboten kontinuierlich“, unterstreicht Höckner.

Wo gibt es Unterstützung?

Pauley empfiehlt, sich rechtzeitig mit dem neuen Gesetz auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob das eigene Unternehmen betroffen ist. Erste Anlaufstelle für eine entsprechende Beratung ist die Wirtschaftskammer Tirol. „Auch die Hilfsgemeinschaft unterstützt und berät Unternehmen, Dienstleister und Organisationen bei der barrierefreien Gestaltung von Websites und Apps“, erklärt Höckner. Für die konkrete Umsetzung wenden sich Tourismusbetriebe dann idealerweise an die Webagenturen, die ihre Seiten betreuen. 

Text: Barbara Kluibenschädl

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