Reise in die Zukunft
Matthias Lechner klärte bei den Tiroler Tourismusgesprächen 2024 über die Potenziale von Web3, Blockchain und Metaverse auf.
© Franz Oss
Am Dienstag fanden in Igls die Tiroler Tourismusgespräche 2024 statt. Einer der Keynote-Speaker war Matthias Lechner, der mit NFBrands.X die erste Full-Service Web3- und Metaverse-Agentur gegründet hat. In seinem Talk zum Thema „#shift2web3 – Die Reise in die Zukunft beginnt heute“ hat er gezeigt, wie Web3, Blockchain und das Metaverse bereits genutzt werden – und welches Potenzial sie für die Tourismusbranche bieten.
1) Die neuen Technologien sind nicht böse
Nach einem ersten regelrechten Hype sind die Themen Web3 (eine Weiterentwicklung des Internets, das die dritte Dimension einbezieht), Blockchain und Metaverse inzwischen häufig negativ konnotiert – zu Unrecht, betont Lechner: „Die Technologie ist per se neutral, man braucht keine Angst davor haben.“ Es komme immer darauf an, was man daraus mache. Es werde immer Menschen mit krimineller Energie und bösen Absichten geben, dafür könne die Technologie nichts – und es wäre falsch, aus Angst davor die positiven Möglichkeiten zu ignorieren.
2) Web3 etc. werden Teil des Alltags, ob wir wollen oder nicht
Seine zweite Kernaussage: Es macht keinen Sinn, die Augen zu verschließen, weil sich Web3, Blockchain und das Metaverse über kurz oder im Alltag durchsetzen werden. „Man wird das zum Teil gar nicht mitbekommen, so wie man beispielsweise als Konsument auch nicht mitbekommt, in welcher Programmiersprache eine App geschrieben ist. Aber die Leute, die damit arbeiten, werden versuchen, das Maximum aus der Technologie rauszuholen und dadurch dem Konsumenten ein tolles Erlebnis bieten“, erklärt er.
3) Blockchain als Gamechanger
Für den Tourismus biete besonders Blockchain großes Potenzial: Diese Technologie könne helfen, vieles transparenter und sicherer zu machen und einen sicheren, direkten Handel zwischen Konsument:innen möglich machen. Das sei beispielsweise im Bereich Stornierungen und Verfall von Tickets relevant: Aktuell gebe es keine Möglichkeit, beispielsweise ein Flugticket an eine andere Person weiterzuverkaufen oder zu schenken, da es an eine bestimmte Person gebunden ist: „Wenn man den Flug nicht antreten kann, kann man hoffentlich stornieren. Wenn nicht, verfällt er. Das verursacht Milliarden an Schäden“, sagt Lechner. Mit einer Blockchain, die per se transparent und für alle offen ist, könnte man das an sich neutrale Ticket – der Airline sei ja total egal, wer auf dem Sitz reist, weil die Sicherheitskomponente ja unabhängig vom Ticket über die Passkontrolle und Security-Checks abgedeckt werde – auf einem Sekundärmarkt anbieten, wie man das von Willhaben, Shpock und Co. kenne, weil Blockchains miteinander kommunizieren und gewisse Marker übertragen können, die Tickets klar zuordenbar machen.
Auch Betrug über Plattformen wie Booking könne man mit der Blockchain-Technologie mehr oder weniger unmöglich machen: Wenn alle Mitarbeitenden einen über Blockchain funktionierenden, digitalen Nachweis bekommen, der automatisch vom Browser oder dem Handy ausgelesen wird, könne sich niemand mehr fälschlich als Mitarbeiter ausgeben, weil ohne den Nachweis sofort ein Alarmsignal kommuniziert werde, erklärt Lechner. „Das ist meiner Meinung nach ein Riesenargument, warum die Technologie auf jeden Fall in der Reisebranche Einzug halten wird.“
4) Virtuelle Reisen als Ergänzung
Rasante Fortschritte in Sachen Soft- und Hardware werden laut Lechner auch virtuelle Reisen nicht nur möglich, sondern üblich machen. Das solle man allerdings nicht als Konkurrenz zu klassischen Reisen, sondern als Ergänzung sehen: So könne man beispielsweise Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit oder geringem Budget ein Reiseerlebnis ermöglichen, ohne dass sie ihr Haus verlassen müssen, oder potenziellen Gästen schon einen ersten, authentischen Vorgeschmack auf die gewählte Destination geben. „Diese digitalen Erlebnisse kann ich millionenfach zusätzlich verkaufen“, so Lechner – und im Idealfall überzeugen sie Leute, dann auch noch eine echte Reise zu buchen.
5) Aufholbedarf in der Branche
Trotz dieser Potenziale hinke die Tourismusindustrie im Vergleich mit anderen Branchen bei der Nutzung und Auseinandersetzung mit den neuen Technologien am weitesten hinterher, was Lechner vor allem in Österreich unter anderem darauf zurückführt, dass der heimische Tourismus seit Jahrzehnten so erfolgreich sei, dass man keinen Bedarf sehe, etwas zu verändern. Für viele in der Branche sei das alles komplettes Neuland, aber man müsse daran denken, dass das alles für die jüngeren Generationen – und damit die Gäste der Zukunft – ganz selbstverständlich sein werde: „Die wachsen mit diesen Technologien und Möglichkeiten auf und erwarten, dass das genutzt und angeboten wird.“ Alleine deshalb sollte man sich zumindest einen Überblick verschaffen, was möglich ist.